SEPTEMBER 2016 KÖNIZER ZEITUNG DER SENSETALERGEMEINDE KÖNIZ19Für die Gesundheit von Tier und MenschSchliessung der Kleintierpraxis von Tierarzt Hanspeter SteinlinSCHLIERN – Ende August hat Tierarzt Hanspeter Steinlin nach 33 Jahren seine Kleintierpraxis ge-schlossen. Ein Rückblick und ein kleiner Ausblick.«Ein Haustier ist eine enorme Be-reicherung für die Menschen», ist der 65-jährige Tierarzt überzeugt. Ein Hund zum Beispiel verlange Tagesstruktur und Verantwor-tung, sei ein treuer Begleiter und sorge für Bewegung. Zudem hel-fe er auf Spaziergängen bei der Kontaktaufnahme und Kommu-nikation. Oft sei das Haustier, gerade bei Kindern und Jugend-lichen in Krisensituationen, das einzige Lebewesen, das Zugang zu ihnen habe. Tiergesundheit und Hilfe für das kranke Tier sei-en das Zentrale im Tierarztberuf. In der Unterstützung und Bera-tung der Tierhalter sieht Steinlin aber auch eine wichtige Aufgabe. «Ich leiste damit einen Beitrag an die Gesundheit von Seele und Körper der Menschen.»«Ich würde den Beruf wieder wählen»Mit «Meersäuli» und Katzen in der Stadt St. Gallen aufgewach-sen, wusste er schon als Bub, dass er Tiermedizin studieren wollte. «Diese Aussicht hat mich motiviert, die Gymnasialjahre mit dem Lateinunterricht hin-ter mich zu bringen», gesteht er freimütig. Er würde diesen Beruf sofort wieder wählen. «Mir ge-fällt die Arbeit und ihre Vielsei-tigkeit. Das Praxisteam mit mei-ner Frau, den tiermedizinischen Praxisassistentinnen sowie Ler-nenden hat immer bestens funk-tioniert und mir viel Rückhalt gegeben.» Der Tierarzt wird in Zukunft seine Erfahrungen und Fähigkeiten in der Tierarztpraxis «VETcetera» in Köniz an zwei Tagen pro Woche zur Verfügung stellen. Hat sich keine Nachfolge für die gut eingeführte und weithe-rum bekannte Kleintierpraxis in Schliern nden lassen? «Nein, junge Berufskollegen suchen heute Teilzeitanstellungen und nicht einen 120%-Job, bedingt auch durch die Feminisierung des Berufs.» Die Praxis in Schliern sei jedoch zu klein für mehrere Tierärzte. Veränderungen in der Kleintierpraxis in 33 Jahren1983 eröffnete der junge Tierarzt die Kleintierpraxis in Schliern. Die Hauptkundschaft seien noch heute mit rund 90% Katzen und Hunde. «Früher hatten wir mehr Meersäuli, Chüngel und Hams-ter.» Den Rückgang vermutet der Tierarzt in der artgerechte-ren Haltung, die grössere Kä ge und mehr Auslauf verlange. In 33 Jahren habe sich die Veteri-närmedizin weiterentwickelt. Es gebe mehr diagnostische und therapeutische Möglichkeiten. Dadurch sei auch die Spezialisie-rung im Beruf notwendig gewor-den. Schmunzelnd erzählt er von einem «Kaiserschnitt», den er an einer kleinen Eidechse vorge-nommen habe, um sie von einem Ei zu befreien, das steckenge-blieben sei. Heute seien aber für Reptilien Spezialisten zuständig. Gemäss Steinlin nähmen Hal-tungs- und Fütterungsberatung heute mehr Platz ein. Stoff-wechselkrankheiten hätten eher zugenommen, gewisse Virusin-fektionen seien dank guter Impf-strategie weniger häu g als frü-her.Generell könne schon gesagt werden, dass die Haltung von Hunden, vor allem aber dieje-nige von Katzen, zugenommen habe. Die Katze sei ein phäno-menales Haustier mit ihrer Un-abhängigkeit einerseits und dem Bedürfnis nach Schmusen ande-rerseits. Eigentlich seien von den Wildkatzen nur die Löwen Her-dentiere, alle anderen seien eher Einzelgänger. Somit könne nicht zwingend gesagt werden, dass in jedem Fall Katzen zu zweit gehalten werden müssten. Das hänge von der jeweiligen Situa-tion ab. Vom Schäfer zum LabradorBei den Hunden habe sich die Vorliebe für gewisse Rassen stark geändert. Was früher der Schäfer-hund, Boxer oder Langhaardackel war, sei heute eher der Retriever. Ausserdem seien momentan vor allem Kleinhunde angesagt. «Ich befürworte den obligatorischen Besuch von Hundekursen, die heute viel hundegerechter aufge-baut sind als früher», so der Tier-arzt, der selber seit 1969 Hunde-halter ist. «Unsere Hunde wurden alle 14 Jahre alt, ein stolzes Alter für einen Hund.» An seiner Seite schläft der achtjährige Terrierrü-de Quin, beobachtet aber genau, was rundherum vor sich geht. Mit einem «Läckerli» lässt er sich denn auch überzeugen, beim Fo-toshooting mitzumachen. Hanspeter Steinlin freut sich auf den neuen Lebensabschnitt. Fle-xibel weiter im geliebten Beruf tätig zu sein und daneben mehr Zeit zu haben, unter anderem für seine drei Enkelkinder. Monica WieserTierarzt Hanspeter Steinlin mit Terrierrüde Quin. | Foto: Monica Wieser
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